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Neapel unterirdisch
Neapel unterirdischZisternen/Unterkünfte (via Tribunali, S. Anna di Palazzo)
Katakomben (S. Gennaro, S. Gaudioso, Fontanelle, Purgatorio ad Arco)
Griechisch-römische Reste (San Lorenzo, piazza Bellini, grotta di Seiano)

Die Wege der unterirdischen Stadt sind beunruhigend aber auch faszinierend. Es handelt sich um ein zweites Neapel unterirdisch parallel zur Stadt an der Oberfläche. Zwischen den griechisch-römischen Resten und Katakomben, Höhlen und Zisternen, Brunnen und natürliche wie auch künstliche enge Durchgänge, führen ungezählte geheime Wege über viele Kilometer von einem Ende der Stadt zum anderen. Über tausende von Jahren wurde der grosse Block aus Tuffstein, auf dem die Stadt ruht, bearbeitet. Die ersten Werke fingen vor ca. 5000 Jahren an, fast prähistorisch.
Aber vor ca. 2000 Jahren fingen erst die Griechen und dann auch die Römer an, in grosssem Stile den Tuffstein zu bearbeiten. Auf der einen Seite gruben sie aus grösseren Tiefen , um Acquedukte, Friedhöfe und unterirdische Gänge zu bauen, auf der anderen Seite benutzten sie das Baumaterial für Umgebungsmauern, Tempel und Häuser für die Bewohner. Später gruben die Christen im Fels, um Schutz vor religiösen Verfolgern zu finden. In der Renaissance blühte die Stadt geradezu auf. In der gleichen Grösse des Gebäudes überirdisch entstand eine Höhle unterirdisch, da das erworbene Material für den Bau des Gebäudes verwendet wurde. Der gelbe Tuffstein ist ein ausgezeichnetes Baumaterial und wird „tufo napoletano“ genannt.

Die unterirdische Stadt.
Vom Meer bis zu den Hügeln kann der Tourist seine Ausflüge in der Unterwelt machen. Beeindruckend sind die Unterkünfte aus der Zeit des 2. Weltkrieges, die in dem meanderartigen Labyrinth des antiken Acquedukts entstanden. Die antiken Wasserwege, die durch enge Schläuche, Treppen und unzählige Rampen führen, wurden zu Sicherheitswegen. Die Zisternen wurden mit elektrischem Licht versorgt. Sie wurden mit Notbetten und mit Nottoiletten ausgestattet. So fanden Tausende in den ehemaligen antiken Wasserbecken Schutz vor den Bomben.

Einer der Zugänge zur Unterwelt befindet sich in via Tribunali neben der Kirche San Paolo Maggiore in piazza San Gaetano. Die Führung dauert etwa 2 Stunden. 150 Stufen führen in die Welt 30-40 Meter unter dem Strassenniveau der via Anticaglia bis San Gregorio Armeno. Über ca, 10.000 qm breitet sich ein Netz von engen Gängen und Zisternen des antiken römischen Acquedukts. Das Wasser wurde von der Quelle des Serino hineingeleitet, um der Stadt Wasser zu jeder Zeit zu sichern. Jedes Gebäude hatte seinen Brunnen, der wiederum eine Verbindung durch enge Gassen, gegraben in dem Tuffstein, bis zu den grossen Wasser-Sammelbecken hatte. Faszinierend ist dieser Ausflug in die Antike bis hin zu den Dramen des 2. Weltkrieges.

Ein weiterer Zugang führt in via S. Anna di Palazzo unter die Quartieri Spagnoli. Eine Wendeltreppe führt ca. 40 Meter unter die Erde. In einem Areal von engen Gängen und Durchgängen über etwa 3.000 qm fanden mehr oder weniger 4.000 Menschen Zuflucht während des 2. Weltkrieges. Auch hier wurde der Gebrauch der antiken Zisternen für die Bedürfnisse der Zeit verändert. Man findet Keramik-Isolatoren der elektrischen Anlage, Ecken für die „Toiletten“, in den Tuffstein gehauene Bänke und Sitze und unzählige Grafitti, die über die Geschehnisse dieser schwierigen Zeit berichten.

Katakomben.
„Neapel unterirdisch“ bedeutet nicht nur antike Acquedukte und griechsch-römische Ausgrabungen, sondern auch unterirdische Gräber und Katakomben aus frühchristlicher Zeit. Versteckte Orte einer vergangenen Zeit, Ausdruck eines einzigartigen architektonischen, künstlerischen und geistlichen Vermögens. Hauptsächlich im östlichen Teil der Stadt befinden sich sehr viele Katakomben, die zwischen dem 2. und dem 9. Jahrhundert n. Chr. entstanden. Eine Zeit, in der sich die Christen vor den römischen Milizen verstecken mussten. Nur in gut geschützten Orten konnten sie ihre Toten begraben, ihren christlichen Gebräuchen nachgehen und vor Verfolgern sicher sein. So sind in dem weichen Tuffstein wahre Labyrinthe aus veschiedensten Formen entstanden:
geometrische Muster, gelöcherte Räume und Formen erdenklicher Art. Die Wände wurden mit Affresken verschiedener Stile geschmückt.

Katakomben San Gennaro
San Gennaro ist der sehr beliebte Stadtpatron. Überall in der Stadt findet man sein Bild . Der Kult um ihn ist auch heute noch sehr aktuell. Nicht nur der Dom auch die Katakomben, die sich auf dem Wege nach Capodimonte bei der Kirche Madre del Buon Consiglio befinden, sind ihm geweiht. Dort kann das älteste Portrait (5. Jahrhundert n. Chr.) von ihm betrachtet werden. Die Katakomben sind reich geschmückt mit Affresken. Schlichter sind die aus frühchristlicher Zeit Ende des 2. Jahrhunderts. Ursprünglich war an diesem Ort ein hochherrschaftliches Grab, das dann der christlichen Gemeinde geschenkt wurde, die dann eine Begrabungsstätte einrichtete. Der erste Stadtpatron Sant’Agrippina wurde hier bestattet.

Katakomben San Gaudioso
Auch diese Katakomben sind mit sehr schönen Affresken geschmückt, die zu den wichtigsten vormittelalterlicher Zeit gerechnet werden. Hinter dem Hauptaltar der Kirche Santa Maria alla Sanità(17. Jahrhundert) befindet sich der Zugang. Einzig und auch berührend ist hier der Ritus. Die Toten wurden auf aus Stein gehauene Sitze gerichtet, die in der Mitte ein Loch haben. Darunter befand sich ein Gefäss, dass die sich auflösenden Teile des Körpers auffangen sollte. Erst wenn das Skelett übrig blieb, konnte die Beerdigung statt finden.

Cimitero (Friedhof) delle Fontanelle
Makaber und beeindruckend ist die grösste und bekannteste Begräbnisstätte der Stadt. Ein sehr eigenartiger Ort voller einzelner Schädel und Knochen, aufgehäuft zu Bergen, die ganze Höhlen auffüllen. Diese Höhlen wurden erstmals im Jahre 1656 als Begräbnisstätte benutzt. Täglich starben 1.500 Menschen an der Pest. Die Friedhöfe waren voll. An Plätzen und Strassen wurden Gräben ausgehoben. Am Ende der Epidemie wurden die namenlosen Toten eingemauert. So ging das jahrhundertelang weiter bis laut napoleonischer Gesetze eine Auflösung verlangt wurde. Die Gebeine wurden in die Höhlen gebracht. Nach dem Volksritus musste der Ubergang vom Fegefeuer ins Paradies beschleunigt werden. So wurden die Totenschädel poliert und den Gebeinen Blumen und Lämpchen gebracht, mit Gebeten und Gesängen begleitet. Der Kult wurde von sehr vielen ausgeführt. Jeden Montag fuhr man zum Friedhof, um sich der Schädel zu widmen, als handelte es sich um die Seelen der eigenen Lieben. Bis in die fünfziger Jahre fuhr extra eine Strassenbahnlinie dort hin.

Purgatorio ad Arco
Der gleiche Glaube und der gleiche Ritus wie im Cimitero delle Fontanelle in der Kirche S. Maria delle Anime del Purgatorio ad Arco gegenüber dem charakteristischen mittelalterlichen Portico des palazzo d’Avalos in via Tribunali. Man erkennt sofort die vier Säulen mit den Gebeinen und dem Totenschädel darüber. Sie sind aus Bronze und auf Hochglanz poliert, weil die Gläubigen die Schädel berühren, um sich ihnen zu widmen. Im Volksmund wird daher auch die Kirche die „Kirche der Totenschädel“ genannt. Innen befindet sich eine kleine Treppe, die zur unteren Kirche aus dem 17. Jahrhundert führt. Hier versammelten sich sowohl das einfache und abergläubische Volk als auch die Adeligen zum Gebet für die unbekannten Seelen. Man zelebrierte mitunter bis zu 60 Messen am Tag und erhoffte sich dann kleine Gefallen und erfüllte Wünsche. Obwohl die Kirche solch einen Kult nicht erwünschte, so wurde er doch immer noch bis 1980 gepflegt. Die Kirche blieb von da an bis 1992 geschlossen.

Griechisch-römische Reste
Griechisches Gemäuer
Im grossen Museum unter freiem Himmel, nämlich die Stadt Neapel, findet man an unterschiedlichen Orten noch die griechischen Mauern, die im 6. Jahrhundert vor Christus gebaut wurden. Besonders gut sieht man sie in piazza Bellini zwischen Porta Alba und S. Pietro a Maiella. Grosse Tuffstein-Blöcke, sauber geformt und sorgfältig miteinander verkettet, zeigen sie bildlich einen Teil der Doppelmauer und dem Stadtbild von „Neapolis“.

Ausgrabungsstätte San Lorenzo
Unter der Kathedrale San Lorenzo Maggiore der Franziskaner befindet sich weitläufig und in Schichten die Zeugen der griechisch-römischen Zeit. Hier geht man in Neapolis spazieren. In der antiken agorà, dem Hauptplatz der antiken griechischen Stadt. Später das Foro der Römer. Die Archeologen zeigen uns eine Welt der Vergangenheit. Der Eingang ist im Kreuzgang der Abtei aus dem 18. Jahrhundert. Eine Treppe führt hinunter durch die Zeiten der Geschichte. Zunächst finden sich Reste der mittelalterlichen Fürstenstadt. Hier im Sitz von San Lorenzo vereinigten sich im 7. Jahrhundert n. Chr. die Volksvertreter, gewählt zur Verwaltung der Justizangelegenheiten. Am Ende der Treppe angekommen werden wir um 2.500 Jahre zurückversetzt. Etwa 600 v. Chr. wurden die Hauptstrassen gebaut, die heutigen Strassen liegen genau darüber. Die Spuren der Karren sind deutlich sichtbar, ein Geschäft nach dem anderen, wie der Bäcker mit seinem Ofen in Kuppelform (wie heute noch in Gebrauch), die Wäscherei mit den Kanälen für den Ablauf des Wassers, das Aerarium mit dem Stadtschatz und den Spuren der Eisenbarren und dem verstärkten Türrahmen, die Zisterne, der Criptoportico, der überdachte grosse Markt mit den langen Reihen von Verkaufstischen aus Stein und den Nischen für die Lagerung der Ware. Es handelt sich hier um das Zentrum der polis greca und genau darüber die piazza Gaetano, hier waren die wichtigsten Gebäude der Stadt Neapolis wie das grosse unbedachte Theater und das kleinere bedachte Theater, der Tempel der Dioscuri, heute in Kathedrale San Paolo Maggiore umgewandelt. Das Macellum oder der Lebensmittelmarkt befinden sich entlang unter dem rechteckigen Kreuzgang der Abtei, und in der Mitte des Hofs ein mit Mosaik gepflasterter Boden, dann der Tholos, ein kleiner runder Tempel mit vielfarbigem Marmor geschmückt.

Grotte von Seiano
Ganz nahe an der Insel Nisida , zwischen Bagnoli und Posillipo verbindet ein grandioser Tunnel aus der römischen Zeit (1. Jahrhundert v. Chr.) die Strasse vom Coroglio mit dem Fischerdorf der Gaiola. Die Grotte ist ungefähr 800 Meter lang, über 7 Meter hoch und ca. 4 Meter breit. Sie wurde nach dem Minister des Kaiser Tiberius Seiano genannt, der die Grotte wahrscheinlich bauen liess. Der Tunnel hat seitliche Öffnungen zur Belüftung und an einer Stelle kann das Panorama auf das Meer und den Strand von Trentaremi bewundert werden. Die Grotte wurde wahrscheinlich gebaut, um schneller die Villa von Pollione zu erreichen. Es handelt sich um einen Komplex von privaten Gebäuden, der Residenz Pausilypon. Ohne den Tunnel musste der wesentlich längere Weg über das Meer genommen werden. Der reiche Republikaner Publio Vedio Pollione vererbte seine Residenz dem Kaiser Ottaviano Augusto. Die Ausgrabungen finden noch statt. Der Tunnel zeigt die fortschrittliche Baukunst der Römer. Der Durchgang war über Jahrhunderte vergessen und teilweise verschlossen. Erst im Jahre 1840 wurde er durch Zufall beim Bau der Rampe zum Coroglio, die Ferdinand II. der Borbonen anordnete, entdeckt. Fasziniert von der Entdeckung liess er den Tunnel restaurieren.
24/5/2006